„Eines Tages werde ich wieder laufen können“

Libanon

Mohammad, 32, kommt aus Syrien. Als die Kämpfe in seiner Stadt vor vier Jahren tobten, wurde er von einer Kugel und Granatsplittern getroffen. Die Splitter bohrten sich bis in sein Gehirn, sodass er heute querschnittsgelähmt ist. Er suchte mit seiner Frau und den Kindern Zuflucht im Libanon. Dort erhält er Physiotherapie von Handicap International (HI).

Physiotherapeut Mohammed führt die psysiotherapeutischen Übungen mit Lotfi durch | E. Fourt/Handicap International

Mohammed sitzt still in seinem Wohnzimmer im vierten Stock eines heruntergekommenen Wohnblocks. Er verlässt diesen Raum fast nie. Da es keinen Aufzug gibt, ist er seit Jahren nicht mehr auf die Straße gegangen. Seit er bei dem Unfall in Syrien seine Bewegungsfreiheit verloren hat, ist er abhängig von seiner Familie. Zu zehnt leben sie gemeinsam in der engen Wohnung. Als das Team von HI den Raum betritt, hellt sich sein Blick etwas auf. Denn auch der Kontakt zu anderen Leuten ist für ihn eine eher seltene Freude.

Unser Physiotherapeut Lotfi fragt Mohammad, wie er sich heute fühlt. „Dies ist seine vierte Reha-Stunde“, erklärt er, als er die physiotherapeutischen Übungen mit Mohammed beginnt.

Während er Steh- und Sitzübungen ausführt, beschreibt Mohammed dem Team, wie sich sein Unfall ereignet hat. „Ich arbeitete damals als Gemüsehändler. In meinem Viertel war es ziemlich friedlich, nicht wie in anderen Teilen des Landes. Doch dann brachen eines Tages auf meinem Nachhauseweg die Kämpfe aus. Ich wurde von einer Kugel und einigen Granatsplittern getroffen, die bis in mein Gehirn eindrangen. Dann wurde ich unter einer einstürzenden Mauer begraben.“ Mohammed wurde in verschiedene Krankenhäuser gebracht. Doch es war zu spät: Die Ärzte stellten fest, dass er teilweise gelähmt war.

Niemals aufgeben

Mohammed weigerte sich, die Hoffnung aufzugeben. Als ein Verwandter, der Monate zuvor verletzt worden war, von der guten Reha-Versorgung im Libanon berichtete, beschloss auch Mohammed, mit seiner Familie dorthin zu fliehen. Als er im Libanon ankam, kontaktierte er Handicap International und bat um Hilfe. „Bei unserem ersten Besuch haben wir zunächst untersucht, in welchem Zustand er sich befindet“, erklärt Sozialarbeiter Mouna. „Da fühlte ich mich schon sehr erleichtert. Ich wusste sofort, dass sie mir helfen würden“, fügt Mohammed hinzu. Allein, dass er diese Worte sprechen kann, zeigt, welche Fortschritte er seit Beginn der Physiotherapie gemacht hat.

„Als ich im Libanon ankam, konnte ich kein einziges Wort sagen.“

Auch wenn seine wackligen, instabilen Beine und Hände es nicht zeigen – Mohammed lässt sich von nichts aufhalten. Selbst nicht von den Schmerzen, die deutlich an seinem Gesicht ablesbar sind, wenn er versucht zu stehen. Zielstrebig führt er alle Übungen durch, die Lotfi ihm zeigt. „Ich werde nicht aufgeben“, sagt er. „Eines Tages werde ich wieder laufen können. Dann werde ich wieder arbeiten und meine Familie versorgen.“ Mohammed träumt davon, wieder nach Syrien zurückzukehren. Dass er wieder sprechen kann, ist ein großes Zeichen von Hoffnung: ein weiterer Schritt in Richtung seines alten Lebens, das er so gerne wieder leben möchte.

Unsere aktionen
Land
für Land

Nehmen Sie Kontakt mit uns auf

Möchten Sie weitere Informationen erhalten ?
Wir sind da, um Sie zu informieren

Nicolas Klein

Nicolas Klein
Verantwortliche(r) für Kommunikation / EDS
(+352) 42 80 60 28
[email protected]

Helfen
Sie mit

Lesen sie weiter

Beirut drei Monate danach
© Tom Nicholson/ HI

Beirut drei Monate danach

Die Lage in Beirut ist aufgrund der Explosion im August 2020 weiterhin angespannt.

HI-Mitarbeiterin Zeina berichtet aus Beirut
© HI

HI-Mitarbeiterin Zeina berichtet aus Beirut

Die Libanesin Zeina koordiniert ein Nothilfe-Team von 25 Experten und Expertinnen in Beirut. Die Situation ist schlimmer, als sie es für möglich gehalten hat.

HI hilft in Kliniken und bereitet Wundbehandlungssets vor
© Anwar AMRO / AFP

HI hilft in Kliniken und bereitet Wundbehandlungssets vor

Die Lage in Beirut ist weiterhin dramatisch: überfüllte Krankenhäuser, Hunderte Verletzte, enormer Bedarf an Reha-Behandlungen.